SYNOPTISCHE ÜBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 241800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 24.01.2021 um 18 UTC Markante Wettererscheinungen: Anfangs im Osten und Teilen des Südostens noch etwas Schnee und nachlassender Wind. Im Laufe der Nacht im Westen und Südwesten einsetzender, meist leichter Schneefall, der sich am morgigen Montag über dem Süden Bayerns ausweitet. In der Nacht zum Dienstag an den Alpen weiterer, auch kräftigerer Schneefall, von Nordwesten in die Mitte, am Tage dann in den Südosten ausgreifend neuer Schnee, In der Nacht im Westen Windböen, am Dienstag im Süden Wind- und Sturmböen. In den Nächten allgemein Frost und Glättegefahr! Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC ------------------------------------------------------------- Aktuell ... dominiert über West- und Mitteleuropa ein mit Höhenkaltluft bis -37 Grad gefüllter Langwellentrog in 500 hPa das Geschehen. Sein Schwerpunkt liegt im erweiterten Nordseeumfeld und ist mit drei Kernen über der zentralen Nordsee, Südengland und der westlichen Ostsee etwas diffus konturiert. Gleiches gilt für die Trogachse. Während über Nordwest- und Westeuropa und dem angrenzenden westlichen Mitteleuropa kurzwellige Troganteile dominieren, lässt sich im südlichen Bereich des Troges die Achse recht gut auf einer Linie von Osttirol bis zur kleinen Syrte erkennen, die in der Nacht bis zum Balkan und ins libysch-ägyptische Grenzgebiet vorankommt. Im Bodendruckfeld ist anfangs noch des kleinräumige Schneetief JUSSUF zu finden, dessen Reste, in Auflösung begriffen, im Bereich der Neiße einen schweren Stand gegen den auch dort erkennbaren Druckanstieg haben. Dieser Druckanstieg ist einem kleinräumigen Hoch geschuldet. Dieser bewegt sich in der Nacht an der Nordseite der Alpen entlang und erreicht zum Morgen etwa das Salzkammergut. Zwischen Tief JUSSUF und dem namenlosen Hoch ist der Druckgradient anfangs noch deutlich ausgeprägt, so dass in die Nacht hinein vom Erzgebirge bis nach Südostbayern in exponierten Lagen noch einzelne Windböen Bft 7 auftreten können, die sich aber im Laufe der Nacht weiter abschwächen. Diesbezüglich sind COSMO-D2 und EZMW etwas aggressiver als z.B. ICON. Neben dem nachlassenden Wind schwächen sich im Einflussbereich von JUSSUF auch die Schneefälle ab. Betroffen sind in der Nacht noch die Gebiete zwischen der Ostsee und der Donau (etwa im Abschnitt zwischen Passau und Regensburg). Abgesehen vom Nordweststau des Erzgebirges, wo in 12 Stunden nochmal 5 cm Neuschnee zusammenkommen können, reicht es kaum für die Ausbildung einer geschlossenen Schneedecke. Warntechnisch dürfte dann mit Warnungen vor Glätte durch geringfügigen Schneefall oder überfrierender Nässe operiert werden. Das gilt auch im Nordosten, denn bei 850er Temperaturen um -7 Grad liegt die Null-Grad-Grenze auch dort in tiefsten Lagen. Das bedeutet dort auch nächtliche Tiefstwerte um oder etwas unter dem Gefrierpunkt, während im Süden über Schnee das Quecksilber bis um die -10 Grad und damit lokal in den strengen Frostbereich sinken kann. Interessant ist auch noch der Blick nach Westen: Dort korrespondiert mit dem o. e. Höhentief über England ein flaches Bodentief, das bis zum Morgen in den Bereich Südostbelgien (ICON), Eifel (COSMO-D2) bzw. Niederrhein (EZMW) ziehen soll. Der aktuell noch unter 995 hPa liegende Luftdruck steigt auf knapp unter 1000 hPa, dennoch reicht es dafür, dass in der ersten Nachthälfte von der Eifel bis nach Südbaden, in der zweiten Nachthälfte dann auch vom Niederrhein bis zum Allgäu leichter Schneefall einsetzt. Dabei können in den genannten Gebieten meist bis zu 2, im Südschwarzwald bis zu 10 cm Neuschnee fallen, wobei sich ICON, GFS oder auch EURO4 bezüglich der Mengen weitgehend einig sind. Mithin kommt es auch dort zu Glätte, und auch in dem Streifen zwischen den geschilderten Schneefallgebieten, also von der Nordsee und dem Emsland im Norden bis an die Alpen im Süden, ist Glätte durch überfrierende Nässe oder Reif ein Thema, wobei das Überfrieren von Nässe mitunter auch markante Warnungen zur Folge haben könnte. Montag ... hält sich der über Mitteleuropa liegende Trog. Seine Hauptachse verschiebt sich weiter nach Osten und greift auf das Schwarze Meer und die Türkei über. Eine zweite, deutlich weniger scharf konturierte Achse verläuft etwa von Nord nach Süd über das westliche Mittelmeer, im Norden gekoppelt an das sich rasch abschwächende "England"-Höhentief, das inzwischen aber auch über Benelux gelandet ist. Dadurch geraten der Westen und im Tagesverlauf auch zunehmend der Osten Deutschlands unter den Einfluss eines Bodenkeils, der durch einen Höhenkeil über dem nahen Ostatlantik gestützt wird. Somit ergibt sich eine nordwestliche, von zyklonal auf antizyklonal wechselnde und relativ schwache Höhenströmung. Der Druckgradient wird im Bereich des Bodenkeils zunehmend auseinandergezogen. Für warnrelevante Böen (exponiert bis Bft 9) reicht es daher nur auf den Gipfeln des Schwarzwaldes und in den Hochlagen der Alpen, was auch einem kleinräumigen Tief über Oberitalien und der Adria geschuldet ist, welches den Druckgradienten im Süden noch etwas schärfer gestaltet als im Rest des Landes. Nach wie vor sind im Westen und im Süden geringe Schneefälle zu erwarten, die über dem Süden auch nach Osten und damit bis ins östliche Oberbayern vorankommen. Dies ist u.a. der zunehmenden Staukomponente der Strömung an den Alpen und in der Folge der zunehmenden orografischen Hebung geschuldet. Im Schwarzwald und an den Alpen können immerhin bis zu 10 cm Neuschnee in 12 Stunden zusammenkommen, ansonsten bleibt es meist bei schwachen Schneeschauern und einer allenfalls geringen Neuschneedecke. Im Osten kann das abziehende Tief JUSSUF am Vormittag noch für letzte schwache Schauer (meist als Schnee) sorgen, bevor es dort weitestgehend trocken bleibt. In Küstennähe, später auch in der Mitte und im Lee einiger Mittelgebirge sind größere Wolkenlücken möglich (und wenn man nach EZMW geht auch am Nachmittag im Westen, was ICON aber anders sieht). Auf den Nordseeinseln erreichen die Temperaturen Werte bis zu 4 Grad, im Südosten ist es dauerfrostig und die Maxima liegen gebietsweise kaum über -2 Grad. In der Nacht zum Dienstag verlagert sich der nördliche Teil des wetterbestimmenden Troges weiter nach Osten, wodurch die nordwestliche Strömung ein wenig aufsteilt und auch über dem Nordosten glatter, über dem Südwesten sogar noch etwas antizyklonaler wird. Ein kurzwelliger Troganteil steuert von der Nordsee her ein kleinräumiges Tief ins Gebiet südlich von Hamburg (diese Lösung hat jetzt auch ICON, wie vorher schon EZMW, im Programm; nur GFS sperrt sich noch...). An dessen Südflanke frischt der Wind auf, so dass in der zweiten Nachthälfte im Westen Böen Bft 7 auftreten sollen. Im Schwarzwald (mit Neuschneemengen um 10 cm in 12 Stunden) und am gesamten Alpenrand (dort 10 bis 15, in Staulagen um 20 cm in 12 Stunden) kommt es staubedingt zu weiteren Schneefällen. Ansonsten reicht es im Süden nur für ein paar Schneeschauer. Letzteres gilt auch für den Nordwesten. Dort schiebt das kleinräumige "Hamburg"-Tief, mit einer zögerlichen Milderung im 850-hPa-Niveau verbunden, vom Emsland ausgehend Schneeschauer in den Westen und die Mitte. Die Mengen sind - zumindest vom meteorologischen Standpunkt - insgesamt aber auch hier überschaubar, punktuell kann es mal für bis zu 5 cm Neuschnee reichen. Trotzdem ist Vorsicht geboten: In den Ballungszentren des klimatologisch weniger schneeaffinen Nordens und Westens (Ruhrgebiet, Bremen, Hannover, Köln u.a.) konnte es im Berufsverkehr zu größeren Behinderungen kommen. Wie in der Nacht zuvor ist flächendeckend leichter bis mäßiger Frost zu erwarten. Streckenweise besteht, auch abseits von Schnee, Glättegefahr durch überfrorene Nässe. Dienstag ... verschiebt sich das gesamte Zirkulationsmuster etwas nach Osten. Der vormals über dem westlichen Mittelmeer verlaufende Trog wandert über Italien hinweg und erreicht den Balkan. Von Frankreich her weitet sich der Bodenhochkeil nach Süddeutschland aus, der Kern des Keils schiebt sich als abgeschlossenes Hoch von Frankreich her in die Schweiz. Warmluftadvektion, die von Westeuropa her auf den Westen und Süden Deutschlands übergreift, bewirkt einen Geopotentialanstieg, wodurch sich der breite, über dem nahen Ostatlantik liegende Höhenrücken etwas in Richtung Nordsee ausweitet. Nach wie vor besteht eine nordwestliche Strömung. Mit dieser wird das kleinräumige Bodentief, das genau genommen schon zu Tagesbeginn nur noch ein scharfer kleinräumiger Bodentrog ist, von Norddeutschland ins tschechisch-slowakische Grenzgebiet gesteuert. An dessen Südflanke treten nach ICON verbreitet Schneefälle auf (Ausnahme Südwesten, Westen und der Norden; EZMW bietet hingegen im Nordwesten eine rege Schauertätigkeit an). Im Stau der östlichen und südöstlichen Mittelgebirge können bis zu 10 cm Schnee fallen. Zudem sind an der Südflanke dieses Tiefs und damit über praktisch der gesamten Südhälfte Windböen Bft 7 und im Bergland Sturmböen Bft 8/9 zu erwarten. Dies dürfte in den Hochlagen der Mittelgebirge Verwehungen zur Folge haben. Im Norden bleibt es dagegen windschwach, nur über Vorpommern macht sich ein Tief über Nordosteuropa bemerkbar, so dass dort an der Küste einzelne Böen Bft 7 nicht ausgeschlossen erscheinen. Für ein paar Auflockerungen besteht die Chance allenfalls in Nordseenähe und ganz im Südwesten. Ansonsten hält sich meist geschlossene Bewölkung. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen -3 und +3 Grad bleibt es nasskalt. Lediglich in Rheinnähe und im äußersten Nordwesten sind bis 5 Grad möglich. In der Nacht zum Mittwoch kommt der Höhenrücken von Westen her kaum noch nach Osten voran, die nordwestliche Strömung legt aber in ihrer antizyklonalen Kontur noch etwas zu. Mit der Strömungsrichtung bleibt auch die Staukomponente an den Alpen erhalten, so dass dort anfangs noch etwas Schnee fällt, insbesondere in Richtung Berchtesgadener Land. Warmluftadvektion, die mit einer schwachen, auf Ostfrankreich übergreifenden Warmfront in Verbindung steht, lässt laut EZMW oder GFS im Westen, laut ICON an der Nordsee erneut Niederschläge aufkommen, wobei in tiefsten Lagen nicht nur Schnee, sondern zumindest Schneeregen zu erwarten ist. Dort wo Schnee fällt, setzen die Modelle nur geringe Neuschneemengen an. Der Druckgradient über Süddeutschland, also an der Ostflanke des Bodenkeils, wird etwas auseinandergezogen, so dass nur anfangs noch in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge Sturmböen Bft 8/9 auftreten, aber ausgangs der Nacht dann keine warnrelevanten Böen mehr zustande kommen. An der Ostsee kann das Nordosteuropa-Tief laut ICON noch die eine oder andere Böe Bft 7 produzieren - EZMW oder GFS sind diesbezüglich zurückhaltender. Während es am Niederrhein wahrscheinlich frostfrei bleibt, ist ansonsten erneut leichter, im Bergland mäßiger Frost zu erwarten. Mittwoch ... läuft an der Nordostflanke des Höhenrückens ein kurzwelliger Troganteil ab, der im Bodendruckfeld als Trog an der Nordflanke des von Frankreich nach Süddeutschland weisenden Keils zu erkennen ist. Er bringt einen Schub wärmerer Luft, so dass die 850er Werte von etwa -7 auf etwa -1 Grad ansteigen. Über Westeuropa nähert sich das Frontensystem eines Tief westlich von Irland, wobei die Warmfront am Abend Westfrankreich, in der Nacht dann den Südwesten erreicht. Sie bringt der Mitte und dem Süden Schnee, wobei die Warmfront immer aktiver berechnet wird (Hebung dürfte überschaubare Advektion überkompensieren), sodass insbesondere in der Nacht zum Donnerstag mit Schneefällen zu rechnen ist, die im Süden, Osten und der Mitte einige Zentimeter, im Bergland auch teils markante Neuschneemengen bringen dürfte. In der Nordosthälfte verläuft der Tag insgesamt trocken (geringes Schauerrisiko), wobei dies die Lösung von ICON und EZMW ist, GFS lässt die Niederschläge bis zum Donnerstagmorgen schon bis nach Mecklenburg und Brandenburg ausgreifen. Modellvergleich und -einschätzung ---------------------------------------------------------------- Die Vorhersage der Wetterentwicklung bei kleinräumigen Tiefs in gradientschwacher Umgebung und bei diffusem Geopotentialbild erweist sich für die Modelle immer wieder als schwierig. Dabei sind von Modelllauf zu Modelllauf durchaus auch größere Sprünge möglich (was beim kleinräumigen "Hamburg"-Tief mit dem Textverweis auf den ICON-Vorlauf angedeutet wurde). Inzwischen wird der Ablauf der kommenden Tage aber zumindest zwischen EZMW und ICON und zumindest bis in den Dienstag hinein recht einheitlich vorhergesagt - was allerdings keine Garantie dafür ist, dass die aktuellen Lösungen nochmal umgestoßen werden. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Martin Jonas